Kerweauftakt mit Mundart

Das Kerwe-Komitee in Rohrbach am Gießhübel hat mit seiner innovativen Idee ins Schwarze getroffen: ein vollbesetzter Saal wartete am Freitagabend auf die Darbietungen zweier Mundartkünstler, die zwei Stunden unterhaltsames Programm boten. Mit Thomas Heitlinger war nicht nur ein Einheimischer mit am Start, sondern eine Art Urgestein der Mundart, der seit Jahren die Mundartszene prägt, nicht zuletzt durch die Gründung der Plattform „Badische Gutsele“. Seit 37 Jahren wortjongliert und ätzt der „nebenberuflich“ als Informatiker tätige Rohrbacher über alltägliche Geschehnisse, Begegnungen mit Menschen und Beobachtungen von Seltsamkeiten, wie sie einem begegnen, wenn Menschen auf Ideen kommen und beispielsweise eine Bank ausrauben wollen. Das Publikum wurde aktiv miteinbezogen und litaneite kräftig mit und hatte seinen Spaß bei Wortspielereien, die deutliche dadaistische Anklänge boten und viel Beifall erhielten.

Musikalische Unterstützung kam von unserem Mitglied Bernhard Lorenz aus Neckarbischofsheim, dessen Rock-Balladen in Kurpfälzer Mundart nicht nur Jugendsünden zur Sprache brachten, sondern auch beim Publikum Erinnerungen an die demonstrationsgeschwängerten Jahre der 68er wachriefen. Vom Musebrot über die Harley bis zum Wohnmobil lauschten die Zuhörer/innen kurzpfälzischen Lebenserfahrungen. Für badische Soßenfans war der Song „Sie lässt die Soß weg“ eine klare kulinarische Offenbarung und stellte Lorenz‘ Geschick für spritzige Mundarttexte unter Beweis. Lorenz schilderte in seinen Songs Erlebnisse seiner Generation, ließ die Zuhörer/innen mit dem „Opel Kapitän“ durch die Landschaft gleiten. Seine Songs glänzten mit authentischen Gitarrensolos, erzeugten ein stimmiges Feeling. Fast fühlte man sich zurückversetzt in rauchige Rock’n’Roll-Schuppen mit schummriger Beleuchtung. Lorenz, der auch beim „Gnitzen Griffel“ schon erfolgreich war, inszenierte seine Rock-Titel mit Anklängen an Bühnen-action trotz der etwas eingeengten Bewegungsfreiheit der kleinen Bühne. Das Publikum dankte beiden Künstlern mit begeistertem Applaus. Wie man am Schluss feststellte, ist die Mundart noch nicht tot, aber tatsächlich im Verschwinden begriffen, weil beim Gespräch mit auswärtigen Menschen eher das Hochdeutsche genutzt werde, in der Annahme, damit eine größere Verständlichkeit zu erreichen. Aber in Rohrbach wolle man in Zukunft der Mundart ein Quartier bieten. Man darf auf die nächste Kerwe gespannt sein.
Elfi Neubauer-Theis

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