Mundart historisch betrachtet
Neckarelz feierte am vergangenen Sonntag das 75jährige Bestehen des Bildungshauses, der ehemaligen Bauernschule. Ein bunter Reigen an Ständen und Workshopmöglichkeiten boten den Besuchern vielfältige Zerstreuung. In diesem Rahmen präsentierten der Heimat- und Verkehrsverein Mudau und das Bezirksmuseum Buchen Mundart aus den Gebieten des Odenwalds und Baulands und dem kurpfälzischen Sprachgebiet um Mosbach.
Wenn Hans Slama zusammen mit Dr. Isabell Arnstein zu einer Mundartveranstaltung einladen, ist garantiert, dass es sich hier um Unterhaltung mit einer zusätzlichen Dimension handelt. Hier präsentieren nicht nur Mundartsprecher und Künstler ihre Texte und Lieder, hier werden vielmehr historisch gewachsene Entwicklungen deutlich gemacht, Wörter in ihrer Entfaltung erläutert und dem Zuhörer quasi ein historisches Bewusstsein für seine Sprache vermittelt. Wer weiß schon, welchen Einfluss Martin Luther auf die Degradierung des Dialekts genommen hat. Oder wie sehr die Hochsprache in ihrer Wertigkeit die Alltagssprache beeinflusst und dazu beiträgt, dass Wörter einfach verschwinden, weil keiner sie mehr verwenden mag. Slama und Arnstein, die seit Jahren erfolgreich das Mundartwegprojekt Odenwald betreuen, bieten dem Laien einen Einblick, wie beispielsweise in kleinen Vokalfärbungen sich Dialekte von Ort zu Ort unterscheiden und jedes Dorf seine Eigenheit besitzt. Die vortragenden Mundartsprecher boten dafür entsprechende Beispiele.
Der Beitrag der Kurpfälzerin Inge Gimber aus Lohrbach zeichnete die ersten Stadterfahrungen einer vermeintlichen Hinterwäldlerin, die aufgrund sprachlicher Differenzen durchaus zu ihrer Billet-Fahrkarte mit Zuschlag kommt, den sie wortwörtlich nimmt und Ohrfeigen austeilt. Inge Gimpers frei gehaltener Vortrag bestach durch seine lebendige Gestaltung.
Der Mundartpreisträger Roland Beigel aus Eberbach, als Musiker und Sänger bekannt, widmete sein Lied einem Hermann, für den er “uf de Stroße danzt“. Virtuose Mundfertigkeit zeigte er in seinem Rap, einem einzigen Zungenbrecher, den wohl so schnell kein anderer nachmachen kann. Johanna Lüders aus Sattelbach ließ sich über „die Ratze“ aus, bevor dann Dr. Isabell Arnstein auf die Besonderheiten des fränkischen Dialekts einging und anhand von Sprachkarten zeigte, wie weit sich mittlerweile die Dialekte in den Randgebieten schon vermischen. Wobei das größere Prestige des schwäbischen Dialekts dafür sorge, dass das Fränkische allmählich ins Hintertreffen geraten könnte. Es sei die Tendenz feststellbar, dass die fränkischen Mundartsprecher dazu neigten, eher fremde Begriffe zu akzeptieren, als die von alters her überkommenen zu behalten und zu verwenden. Herbert Oehmann aus Sulzbach, auch er Preisträger beim „Gnitzen Griffel“, zeigte Baulänner Selbstbewusstsein und erkannte, dass die Sulzbocher von Gott selbst geadelt wurden, als dieser die Mundarten verteilt habe und die enttäuschten Sulzbocher erst mal leer ausgingen, bis er ihnen empfahl, einfach so zu schwätzen, wie er es täte.
Hans Slama, der schon in den Eingangsworten auf den mittlerweile von Obrigheim nach Großrinderfeld gehenden Mundartweg eingegangen war, betonte, wie wichtig die Beschäftigung mit Mundart sei und wie wichtig auch ein Verein wie „Unsere Sprachheimat“ sei zur Erhaltung der Mundart. Er zeigte sich erfreut über den Zuspruch, den die Veranstaltung gefunden hatte und lud gleichzeitig ein zum nächsten Ereignis in Obrigheim, am 14. Juli.