„Liebe geht durch de Mage“
Mundartbowl im Esszimmer am 15.10.2023 –
Inmitten von Trubel und Hektik des Karlsruher Stadtfestes wirkte sie wie eine Zuflucht einfühlsam vortragender Kultur, die Mundartbowl mit Veronica Kerber, Christoph Merkel und Siegfried Trinkle.
Im Bowl-Restaurant „Esszimmer“ der Postgalerie Karlsruhe erwartete gestern die BesucherInnen eine Stunde voller sanft melancholischer oder kraftvoll zelebrierter Gitarrenklänge und einfühlsamer Texte rund um das Thema Liebe und Essen.
Dabei war der Standort im Sinne eines guten Omens namengebend. Kulinarisch darf man sich dort eben ein Bowl aus frischen Produkten selber zusammenstellen.
Ja, auch literarisch-musikalisch präsentiert, kam da vor allem zum Thema Liebe alles in eine Schüssel. Wie es eben das Leben so macht. Vom Herzklopfen beim Kennenlernen, dem, der Angebeteten „alles von den Augen ablesen“ in dem man ihr nachts noch ein Steak organisiert und dem Abschiednehmen von einer Liebe.
Oder etwas weniger dramatisch, dem Auseinandergehenden im Streit, „Scheen, dass fort gehsch, no konn i spiire, dass ma fehlsch“, wie es Veronica Kerber in einem Text so treffend und liebevoll beschrieb.
Sensibel und charmant, in der weichen Intonation des alemannischen Dialekts vorgetragen, die vermutlich autobiografisch angehauchten Texte Veronica Kerbers, quasi midde us em Beziehungslebe gegriffe. Kongenial ergänzt durch die Lieder Christoph Merkels, der es verstand, die Stimmung aufzunehmen und in seinen Liedern weiter zu entfalten. Oder war es umgekehrt? Egal. Ja, geradezu auffallend war die Harmonie zwischen Veronica Kerber und Christoph Merkel, da haben sich wohl zwei gefunden.
Allerdings lief das Thema Liebe dabei dem Essen eindeutig den Rang ab. Was natürlich wenig verwundert.
Und freilich kamen da auch mal rustikalere Anklänge moderat zum Ansatz. Das streitbare Rezitieren alemannischer „Kraftausdrücke“ zum Beispiel, wenn man auf den Partner stinkig ist, die den Dialektsprechenden sozial opportun erscheinen, die zartbesaitete Reigschmeggde aber eher als heftige Beleidigung verstehen könnten.
Oder auch eine andere Seite der Liebe, wie sie Christoph Merkel in einem Lied besang, bei dem das wage Festhalten wollen an einer Beziehung, die eigentlich längst vorbei ist, im Zuschlagen einer Autotür ihren deprimierenden Schwebezustand verlor.
Ergänzt wurde das Duo von Siegfried Trinkle in dessen einst beim Wettbewerb „de Gnitze Griffel“ prämierten Text das verliebte Verfolgen eines vermeintlich weiblichen Schattens am Ende in einer herben Enttäuschung endete.
Insgesamt eine überaus gelungene musikalisch literarische Liaison zwischen Herzklopfen und mehr oder weniger profaner Essensaufnahme, der man unbedingt eine Fortsetzung wünschen würde.
Michael Köhler / 16.10.2023