Der Dialekt gehört – nicht nur in unseren Breitengraden – untrennbar zur Kultur. Er schafft ein Identitätsgefühl, steht für gelebte Heimat und eine wohltuende sprachliche Vielfalt – und auch manches große Gefühl lässt sich im Dialekt umso schöner zum Ausdruck bringen. Das und mehr bewies am Sonntag der Mundartnachmittag, der das Herbstfest des Heimatvereins Schweinberg in hohem Maße bereicherte – kernig, lebhaft und mit einem gerüttelt Maß an tauberfränkisch-odenwäldischem Humor.
Der Nachmittag verstand sich als Kooperation mit dem jungen Verein „Unsere Sprachheimat“, der sich als Stimme des fränkischen Sprachraums in Baden-Württemberg versteht: Jener Bereich erstreckt sich von Baden-Baden bis Wertheim, wie Dr. Isabell Arnstein in ihrem anschaulichen Vortrag erläuterte. Sie gehört dem Vereinsvorstand ebenso an wie Hans Slama: Der Mudauer brillierte mit viel Charme und dem Schalk im Nacken als Moderator – wortgewandt und fröhlich, hatte er leichtes Spiel mit den zahlreichen Gästen. Gleich vornweg betonte er, dass man sich an der „Mundartgrenze“ zwischen Odenwald und Taubertal aufhalte: „Das ist Deutschland!“, scherzte Slama und ging auf lokale Besonderheiten sowie die Brauchtumspflege ein – ein Paradebeispiel hierfür sei der „Mundartweg“ von Großrinderfeld bis Neckarelz, den der Verein „Unsere Sprachheimat“ in enger Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren erstellte und noch ergänzen wird. Hier stellte er das im Mosbacher Raum gesprochene Kurpfälzisch dem Tauberfränkischen gegenüber – und lud mit Roland Beigel (Eberbach) einen echten „Alleskönner“ auf die Bühne ein. Der Mundartbarde erfreute das Publikum in der liebevoll dekorierten Heimatscheune ebenso wie Helga Koch (Großrinderfeld), die an Sägemehl- und Kalkspuren als Hinweis an Jungverliebte erinnerte – natürlich im Dialekt. Mit Roland Scherer reüssierte sodann ein echter Preisträger: Der nicht zuletzt von Höpfingens „Musiker- und Künstlerstammtisch“ bestens bekannte Pülfringer erhielt einen Preis beim letzten Mundartwettbewerb des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Humorvoll setzte er sich nun mit der Suche nach dem eigenen Dialekt und der Identität auseinander – pointiert und urig zugleich, zumal „mindestens 98 Prozent aller Gäste“ der Bülfemer Mundart mächtig waren. Wo Bülfri ist, ist Schwomeri freilich nicht weit – geographisch wie sprachlich: Auf gut „Schwomerisch“ wurde der von Berthold Weidinger eingespielte, auf der örtlichen Infotafel des Mundartwegs an der Heilig-Kreuz-Kapelle nachzulesende Text „Wo leit Schwomeri?“ präsentiert. Die Antwort ist klar: Schwomeri liegt im Odenwald, im Bauland und Madonnenland, im Erftal, am Hoffenbach und in „Badisch Sibirien“, um natürlich zu Badisch Franken zu gehören!
Mit Renate Pietschmann, die über die Mühlen im Erftal und damit „im Großraum Horde“ informierte und mit launigen Anekdoten sowie kleinem Gedicht über den Schmalberg inklusive „Babilon“ auftrumpfte, sowie Helmut Berberich gaben sich zwei Hordemer Originale die Ehre. Berberich konfrontierte die Anwesenden mit der Zukunft des Dialekts: Das Credo „nichts ist so beständig wie der Wandel“ gelte gewiss auch für den Dialekt. Wie sich die Sprache bereits etwa mit dem Zuzug von Heimatvertriebenen oder durch Heiraten verändert hatten, wird das künftig weiterhin so sein. Mit einer Analyse prägnanter Begriffe, aus denen jeweils ein Satz zu bilden war, erfreute er die Mundartfreunde und unterhielt sie bestens. Das gelang auch Roland Grimm aus Mudau: Er brachte eine Auswahl von Dialektgedichten aus dem Archiv seiner Mutter mit.
Zusammenfassend bot der Dialektnachmittag jedem eine sympathische und humorvolle Gelegenheit, seine eigene lokale Mundart – ganz gleich ob aus dem tauberfränkischen oder dem odenwäldischen Sprachraum oder vermischt – auf ein Neues zu entdecken und tiefer kennen zu lernen. Dazu trug auch Hans Slama bei, der die Gäste auf die Räubersprache hinwies: Viele selbstverständlich benutzte Worte entstammen der „Gaunersprache“, was Roland Beigel gekonnt in seinem „Räuberlied“ glossierte. Der Dialektnachmittag verstand sich nicht nur angesichts hervorragender Beiträge als Höhepunkt des Heimatfests des Heimatvereins Schweinberg. Dessen Vorsitzender Arnold Knörzer ließ es sich nicht nehmen, allen Akteuren auch im Namen Norbert Herberichs sehr herzlich zu danken. Gemeinsam habe man eine regionale Schatztruhe geöffnet, die es zu bewahren gelte – wenn sich auch Dialekte mit der Zeit verändern
(Veröffentlichung dank freundlicher Genehmigung der Rhein-Neckar-Zeitung Buchen; Autor: Adrian Brosch )